- Artikel-Nr.: SW10008
Der EU-Lobbyreport dokumentiert, wie Unternehmen, Anwältinnen und Anwälte sowie Lobbyagenturen Einfluss auf die Politik in der Europäischen Union nehmen und wie sich die Regeln zum Umgang mit Lobbyismus in den vergangenen fünf Jahren der Juncker Kommission verändert haben.
Fazit: Brüssel hat bei der Lobbytransparenz und der Begrenzung von Interessenkonflikten Fortschritte gemacht. Dennoch: Die Macht der Konzerne in Europa ist eindeutig zu groß. Teilweise können sie Gesetze und politische Prozesse regelrecht kapern.
Nationale Regierungen als Lobbyvehikel
Eine zentrale Rolle für einseitige Lobbyeinflüsse spielen die EU-Mitgliedstaaten. Über den intransparenten Rat der EU boxen nationale Regierungen immer wieder die Interessen ihrer heimischen Industrien durch. Die Bundesregierung verwässerte oder verzögerte zum Beispiel wirksame Abgastests oder bessere Regeln beim Kampf gegen Steuervermeidung und -hinterziehung.
Acht zentrale Faktoren für die Macht der Konzerne
Der Lobbyreport benennt acht zentrale Faktoren für die Macht der Konzerne in Brüssel. Dazu gehören das Anwerben von Politiker:innen als Lobbyist:innen, die Abhängigkeit der EU-Bürokratie von Unternehmensexpertise oder privilegierte Zugänge durch Exklusiv-Veranstaltungen wie Oettingers „Mini-Davos“.
Große Herausforderung für die nächste Legislaturperiode
Es ist überfällig, dass Konzerneinfluss in der EU zurückgedrängt wird. Dafür wird die nächste Legislaturperiode entscheidend. Wer immer auch Kommissionspräsident:in wird, darf nicht wie Jean-Claude Juncker nur ein verpflichtendes Lobbyregister und Ausgewogenheit beim Lobbyeinfluss ankündigen. Er/Sie muss es auch beides umsetzen.
Wir fordern den/die nächsten Kommissionspräsident:in dazu auf folgende Forderungen in den nächsten fünf Jahren anzugehen:
Konzerneinfluss begrenzen
Kommissare, Beamtinnen und Beamte sowie Abgeordnete müssen verpflichtet werden, ihre Lobbytreffen ausgewogener zu gestalten. Expert:innengruppen dürfen nicht mehr von Konzernvertreter:innen dominiert sein.
Abhängigkeit von Unternehmensexpertise reduzieren
In der EU-Kommission arbeiten rund 32.000 Menschen. Sie sind für 510 Millionen Bürger:innen zuständig. Zum Vergleich: Allein in der deutschen Finanzverwaltung sind 45.000 Menschen beschäftigt. Deswegen: Die EU-Kommission braucht mehr interne Expertise.
Privilegierte Zugänge für Konzerninteressen minimieren
Strengere Regeln beim Wechsel von Politiker:innen in die Wirtschaft und ein Ende der vielen Exklusiv-Veranstaltungen von Konzernen und Politik wie Oettingers Mini-Davos.
Reform des Rates der EU
Der Rat der EU ist das intransparenteste Gremium Europas. Das muss sich ändern. Denn zurzeit boxen die nationalen Regierungen hier viel zu oft die Interessen ihrer heimischen Industrien durch. Wir brauchen ein Lobbyregister beim Rat und Einblick in die Verhandlungspositionen der Mitgliedsstaaten.
Mehr Lobbytransparenz
Umfassendes, verbindliches Lobbyregister mit verlässlichen Daten für alle EU-Institutionen und eine legislative Fußspur, die den Einfluss von Lobbygruppen auf die europäische Gesetzgebung sichtbar macht.